Kurzanleitungen/Howtos

Livekommentar von Videotutorials verbessern

19.06.2019

Vollprofis mögen das Simultankommentieren des Bildschirmgeschehens – seien es Videotutorials oder Let's Plays – fehlerfrei, ohne Versprecher und ungewollte Pausen beherrschen. Wer allerdings nur sporadisch oder zum ersten Mal ein solches Video anfertigt, wird unweigerlich einiges nachzukorrigieren haben. In dieser Kurzanleitung beschreibe ich die Schritte, die ich vom Mitschneiden des Bildschirmgeschehens bis zum Exportieren des fertigen Videos mit korrigierter Tonspur bei der m23-autotest-Kurzpräsentation und Mitschnitt einer automatisierten m23-Server-/Client-Installation für die Liveteile verwendet habe.

Bildschirm und Kommentar als Videodatei aufzeichnen

Am Anfang steht das Aufnehmen und Simultankommentieren des Bildschirmgeschehens. Hierfür habe ich den SimpleScreenRecorder mit den folgenden Parametern, die sich über zwei Dialoge verteilen, verwendet:
Konfiguration 1. Teil
  • Input profile: Zur Bildschirmauflösung passendes Profil wählen
  • Vollständigen Bildschirm aufnehmen: ✓ (Anhaken)
  • Bild-Rate: 25 oder 30
  • Mauszeiger aufnehmen: ✓ (Anhaken)
  • Audio aufnehmen: ✓ (Anhaken)
  • Audio-System: Passendes wählen
  • Quelle: Passende wählen
  • "Weiter" anklicken

Konfiguration 2. Teil
  • Video ⇒ Codec: H.264
  • Audio ⇒ Codec: Unkomprimiert
  • Frame-Skipping erlauben: ✓ (Anhaken)
  • "Weiter" anklicken

Aufnahme starten/stoppen
Das eigentliche Starten der Aufnahme und abschließende Speichern geschieht über:
  • Aufname starten: anklicken
  • Aktionen durchführen und kommentieren
  • Aufname speichern: anklicken

Avidemux: Tonspur exportieren

Tonspur exportieren
Zum weiteren Verarbeiten muß die Tonspur als Audiodatei aus der Videodatei extrahiert werden. Dies geht z.B. mit Avidemux über die folgenden Schritte:
  • Datei ⇒ Öffnen
  • Gewünschte Datei laden
  • Audio ⇒ Audio speichern
  • Gewünschten Namen für die WAV-Datei angeben und speichern

Audacity: Tonspur korrigieren

Der größte Teil der Arbeiten wird im freien Audioeditor Audacity erfolgen. In diesem wird die exportierte Tonspur (Originalspur) geladen.

Tonspuren

Tonspuren

Am Projektanfang ist lediglich die Originalspur vorhanden, später kommen aber weitere hinzu. Hier eine Übersicht:
  • Originalspur: Diese Tonspur enthält die Originalaufnahme. Der Ton in dieser gibt quasi den Takt vor, damit der bearbeitete Ton zum Video weiterhin synchron bleibt. In dieser Spur dürfen keine Teile entfernt oder hinzugefügt sondern nur stummgeschaltet werden; Denn nichts ist ärgerlicher als wenn im Kommentar etwas wie "Mit der Maus zeige ich gerade auf..." zu hören, aber die Aktion im Film erst danach zu sehen ist.
  • Bearbeitungsspur: In die Bearbeitungsspur können Teile aus der Originalspur verschoben und ggf. umgruppiert werden. Wichtig ist, daß jeweils nur die Original- oder Bearbeitungsspur Ton ausgibt.
  • Rauschen: Um komplett stille Abschnitte "aufzufüllen", wird ein leises Rauschen in dieser Spur generiert, da es für das menschliche Ohr angenehmer ist, wenn auf Sprache keine (absolute) Stille folgt.

Entrauschen

Je nach Aufname kann es sinnvoll sein, die Originalspur zu entrauschen. Dies geschieht über die Menüpunkte: Effekt ⇒ Rausch-Verminderung. Anhängig vom Ausgangsmaterial und gewählten Parametern kann der Effekt zu einer hörbaren Verbesserung führen.

Dynamikumfang verringern

Kompressor
Durch den Kompressor (Effekt ⇒ Kompressor...) werden leise und laut gesprochene Teile in der Lautstärke aneinander angeglichen. Folgende Parameter habe ich verwendet:
  • Grenzwert: -25 dB
  • Grundrauschen: -60 dB
  • Verhältnis: 4:1
  • Ansprechzeit: 0,20 Sek.
  • Abklingzeit: 1,7 Sek.
  • Anheben auf 0 dB nach dem Komprimieren: ✓ (Anhaken)
  • Kurze Spitzen berücksichtingen: ✓ (Anhaken)
  • ggf. Vorhören und Werte anpassen
  • Abschließend "OK" anklicken

Normalisieren

Gesamtlautstärke absenken
Das Resultat ist allerdings zu laut. Durch Normalisierung (Effekt ⇒ Normalisieren...) wird die Gesamtlautstärke wieder gesenkt:
  • Gleichspannung entfernen (vertikal auf 0.0 zentrieren): ✓ (Anhaken)
  • Maximale Amplitude normalisieren auf -5.0 dB
  • Abschließend "OK" anklicken

Neue Tonspur: Bearbeitungsspur

Nun wird die Bearbeitungsspur angelegt: Spuren ⇒ Neue hinzufügen ⇒ Stereospur

Teile ausblenden

Stummschalten mit Normalisieren
In der Originalspur werden nun unerwünschte Teile (z.B. Ähms, Rauschen oder Knackser), die nicht auf gesprochenen Stellen liegen, nacheinander markiert und mit dem Normalisieren-Effekt (Effekt ⇒ Normalisieren...) stummgeschaltet. Zum Stummschalten werden die folgenden Parameter verwendet:
  • Gleichspannung entfernen (vertikal auf 0.0 zentrieren): ✓ (Anhaken)
  • Maximale Amplitude normalisieren auf -50.0 dB
Unerwünschte Teile dürfen keinesfalls herausgeschnitten werden, da ansonsten Bild und Ton im Zielvideo nicht mehr synchron wären.

Tipp: Der zuletzt benutzte Effekt (hier Normalisieren) kann mit der Tastenkombination "Strg + R" wiederholt werden.

Sprachabschnitte straffen

Beim Kommentieren des Bildschimgeschehens fielen mir nicht immer sofort die passenden Worte ein, sodaß es in der Originalaufnahme Pausen, Ähms und mehrfaches Ansetzen gab.

Die Originalspur habe ich in den guten Abschnitten unverändert gelassen, aus den schlechten Abschnitten hingegen nur die brauchbaren Teile verwendet: Hierbei habe ich die brauchbaren Teile markiert (Auswahlwerkzeug F1), kopiert (Strg + C), Stummgeschaltet (Strg + R, s.o.) und in der Bearbeitungsspur an der richtigen wieder eingefügt (Strg + V). Dort habe ich Teile (z.B. Pausen) direkt entfernt (Entf) und die übrigen Teile so verschoben (Verschiebewerkzeug F5), daß der Redefluß einigermaßen flüssig ist.

Beim Arbeiten mit der Bearbeitungsspur ist besonders wichtig, daß man von links nach rechts arbeitet, also keinesfalls vor bereits bearbeiteten Stellen etwas einfügt oder löscht, da ansonsten die Positionen der darauffolgenden Teile nicht mehr stimmen. Auch sollte man die Originalspur immer im Blick haben, um daran die verbesserten Teile in der Bearbeitungsspur auszurichten.

Rauschen hinzufügen

Sollte es im Video ein Grundrauschen (bei mir war es der Lüfter des leistungsstarken Laptops) geben, so ist es für das menschliche Ohr angenehmer, wenn auf Rauschen und Sprache keine (absolute) Stille folgt. Das Rauschen wird folgendermaßen in einer neuen Spur generiert:
  • Spuren ⇒ Neue hinzufügen ⇒ Stereospur
  • Neue Spur mit der Maus auswählen
  • Pos1 zum Springen an den Anfang drücken
  • Umschalt + Ende zum Markieren des (leeren) Spurinhaltes drücken
  • Erzeugen ⇒ Rauschen...
Rauschparameter
Mit folgenden Parametern:
  • Rausch-Art: Rosa
  • Ampitude (0-1): 0.3
  • Dauer: Hier sollte die komplette Länge der Aufnahme stehen
  • Abschließend "OK" anklicken

Rauschlautstärke anpassen
Nun die Lautstärke des Rauschens über den -/+-Schieberegler so anpassen, daß das Rauschen die Stille ausfüllt, aber den Kommentar nicht stört.

Spuren mischen und exportieren

Um das gesamte Projekt für das Einfügen im Video vorzubereiten, müssen die einzelnen Spuren noch gemischt und anschließend exportiert werden. Wichtig ist, daß sie als unkomprimierte Stereo-WAV-Datei gespeichert werden:
  • Alle Spuren markieren (Strg + A)
  • Spuren ⇒ In neue Spur mischen und rendern (Umschalt + Strg + M)
  • Neu erstellte Spur auswählen und als WAV (16-Bit, signed) speichern: Datei ⇒ Ausgewähltes Audio exportieren

Avidemux: Tonspur im Film ersetzen

In diesem letzten Punkt wird aus dem ursprünglichen Mitschnittsvideo und der exportierten WAV-Datei mittels Avidemux eine neue Filmdatei mit verbesserter Tonspur erstellt:
  • Datei ⇒ Öffnen
  • Gewünschte Datei laden
  • Audio ⇒ Tonspur wählen

Fenster "Tonspureinstellungen"

  • Bei "Tonspur 1 aktivieren" den Haken gesetzt lassen und auf "Track 0 from video..." klicken
  • Aus der Auswahlliste ".... Add audio track" wählen
  • Exportierte WAV-Datei auswählen
  • "OK" anklicken
Abschließend: Datei ⇒ Speichern

Hinweis: Der Ton sollte weiterhin unkomprimiert bleiben. So wird dieser erst beim Rendern im Schnittprogramm für die Ausgabeformat komprimiert.

Hinweis 2: Der Ton sollte unbedingt als Stereo vorliegen. Anfänglich hatte ich mit Monoaufnahmen gearbeitet (bei einem Mikrofon gibt es schließlich nur eine Tonquelle an einem Ort ;-)), mußte aber feststellen, daß beim Schneiden von Monoaudiofilmen kombiniert mit Standbildern und Monotonspuren in Kdenlive und OpenShot diverse Probleme von asynchronem Ton bis hin zu Abstürtzen gab. Also: Immer Stereo verwenden.

Achtung! Achtung! Die folgenden Anweisungen richten sich ausschließlich an fachkundige Personen. Bei jedem Schritt kann es zum kompletten Datenverlust kommen. Alle Angaben ohne Gewähr!